Eine Theaterinszenierung der besonderen Art konnten unsere Oberstufenschüler im März erleben: Das THEATERmobileSPIELE aus Karlsruhe gastierte mit „Woyzeck“ am Gymnasium am Rosenberg. Beim Theater im Klassenzimmer live dabei zu sein, bietet für die Schülerinnen und Schüler ein ganz anderes Erlebnis als nur den Text im gelben Lektüreheftchen zu lesen - ein Drama ist schließlich zum Spielen gedacht und möchte den Zuschauer „in das Leben einer Zeit hinein versetzen, statt eine trockne Erzählung zu geben“, so Büchner.


Büchners Dramenfragment steht zur Zeit als Abitur-Pflichtthema auf dem Bildungsplan, die betreffenden Oberstufenkurse hatten sich schon vor der Aufführung im Unterricht mit dem Werk beschäftigt und waren so bestens vorbereitet. Allerdings stellten sie vor der Aufführung erstaunt fest, dass nur ein einziger Schauspieler angereist war. Wie sollte dieser denn alle Figuren spielen? Manche Schülerinnen hatten schon in der Vorankündigung gelesen, dass es Puppenfiguren geben sollte - aber diese waren zunächst auf der Bühne nicht zu sehen.


Umso größer ist das Überraschungsmoment, als sich herausstellt, dass die Puppen gut versteckt unter dem chaotischen Kleiderhaufen sind und nach und nach ihre Auftritte haben. Schauspieler Rouven Honnef spielt und spricht alle Figuren voller Intensität: Jede hat eine eigene Stimme, einen eigenen Charakter. Im Laufe des Stücks werden die (über)lebensgroßen Figuren Teil des Bühnenbilds, das Woyzeck innerhalb eines Käfiggitters ganz in schmutzigem Grau umgibt. Die Inszenierung von Regisseur Thorsten Kreilos stellt bewusst die Figur des Woyzeck in den Mittelpunkt, der seine Demütigungen, seine Wahnvorstellungen, seine Eifersucht und schließlich den Mord an Marie wie in einem Albtraum durchlebt. Stimmen aus dem Off und ein Timer, der ihn ständig ans Erbsen-Essen erinnert, verstärken den bedrückenden Eindruck eines getriebenen Menschen.


Auf die Schülerinnen und Schüler machte die Inszenierung einen nachhaltigen Eindruck, hinterlässt starke Gedankenbilder und Emotionen. Manche hatten regelrecht Angst vor den albtraumhaften Puppen, ekelten sich vor dem Geruch der Erbsen und reagierten verstört auf die ungestümen Gefühlsausbrüche dieses gequälten Woyzeck, der da direkt vor ihnen agierte.
Bei der Rückschau einige Tage später wurde deutlich, dass das Theater-Ereignis nicht wenige von ihnen zum Nachdenken und „Neu-Denken“ des Stückes gebracht hat: in teils begeisterten, teils abwehrenden Reaktionen offenbart sich, dass das Erlebte nachwirkt, ganz im Sinne Büchners.